Oldenburger AfD-Mitglieder solidarisieren sich mit nationalsozialistischer Holocaustleugnerin

Die Angst geht um in der AfD. Die Angst vor einer möglichen Beobachtung der „Alternative für Deutschland“ durch den Verfassungsschutz. Die Partei bemüht sich derzeit darum, ihre rassistische und völkisch-nationalistische Politik nicht so deutlich zu zeigen, um einer Beobachtung durch den Geheimdienst zu entgehen. Dabei wird vereinzelten Parteimitgliedern, die nach außen all zu sehr über die Stränge schlugen, ein Parteiaustritt „nahegelegt“ und auch neonazistisch geprägte Begriffe wie „Umvolkung“ oder „Umerziehung“ sollen in Zukunft in der Öffentlichkeit gemieden werden.

Eine Entwicklung, die dem Oldenburger AfD-Mitglied Gerhard Vierfuß scheinbar überhaupt nicht schmeckt. Im Gegenteil: Es wird deutlich, dass Vierfuß’ Sympathie bis weit in das nationalsozialistische Spektrum reicht.


Gerhard Vierfuß am 10.06.2018 in Papenburg während einer Kundgebung der AfD und des sog. „Frauenmarsch Niedersachsen“. Auf dem Schild eine Parole, die aus der Neonaziszene stammt
Bild: recherche-nord

Bereits seit langem ist bekannt, dass Gerhard Vierfuß offene Sympathien für die völkische „Identitäre Bewegung“ hegt. Dies zeigt er als AfD-Mitglied in seinem privaten Facebookprofil (einem offiziellen Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei zum Trotz) ebenso deutlich wie in seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt. In diesem Rahmen vertritt er die „IB“ bei einer Klage gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz. Vierfuß besuchte darüber hinaus eine Demonstration der „IB“ am 17.Juni 2017 in Berlin und trat im Juni 2018 bei einer Veranstaltung der völkischen Gruppe in Dresden als Referent auf.

Ebenfalls in den sozialen Medien wettert Vierfuß, der auch als treibende Kraft hinter dem völkisch-nationalistischen „Oldenburger Kreis“ gilt, deutlich gegen die aktuelle Strategie der AfD, der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu entgehen. In diversen Kommentaren wettert der Oldenburger unter anderem gegen eine „Geheimpolizei“ in der AfD, gegen „Möchte-gern-gut-Menschen“ (Fehler im Original), „System-Politiker“ und „korrupte Altparteien“. Alexander Gauland, einer der Vorsitzenden der AfD, mache die Partei damit „unwählbar“.

Offenbar fürchtet Gerhard Vierfuß, sich in Zukunft nicht mehr öffentlich so offen völkischen und neonazistischen Akteur*innen bekennen zu dürfen. Neben regelmäßigen Lobpreisungen für die „Identitäre Bewegung“ solidarisiert er sich auch mit offen auftretenden Neonazis, etwa indem er die „staatliche Repression“ gegen den Neonazi Nikolai Nerling, bekannt als der „Volkslehrer“ thematisiert.

Die bislang vielleicht eindeutigste Positionierung gab Vierfuß ab, als er sich auf einer neonazistischen Kampagnenseite offen mit der inhaftierten Nationalsozialistin Ursula Haverbeck-Wetzel solidarisierte. Haverbeck ist wegen notorischer Leugnung der Shoah, der industriellen Ermordung von mehr als 6 Millionen Jüdinnen und Juden, mehrmals zu Haftstrafen verurteilt worden und sitzt ihre Strafe derzeit in einer JVA in Bielefeld ab. Die 93-Jährige gilt als Ikone in der Neonaziszene.


Petition zur Freilassung der neonazistischen Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel
Screenshot vom 07.11.2018


Oldenburger Unterzeichner*innen
Screenshot vom 07.11.2018

Neben Vierfuß unterzeichneten auch Thomas Hoyer, AfD-Kandidat zur Kommunalwahl 2016 und Funktionär in der „Vereinigung alter Burschenschafter“ sowie Imke Barnstedt, ihrerseits ebenfalls als Holocaustleugnerin bekannt, die Petition. Die Verbindungen zwischen AfD, „alten Burschenschaftern“, Holocaustleugner*innen und militanter Neonaziszene in Oldenburg treten hier also ein Mal mehr zu Tage.


Auch der „alte Burschenschafter“ und AfD-Kandidat Thomas Hoyer solidarisiert sich mit der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel
Bild: recherche-nord



Keine Überraschung: Imke Barnstedt (hier bei einer AfD-Kundgebung am 10.06.2018 in Papenburg) solidarisiert sich mit Ursula Haverbeck-Wetzel
Bild: recherche-nord

Gerhard Vierfuß zeigt also, ebenso wie Thomas Hoyer, keinerlei Berührungsängste in das offen neonazistische Milieu. Im Gegenteil: Er fürchtet sogar, diese Sympathien künftig nicht mehr öffentlich zeigen zu dürfen.

Im Zuge der neuen AfD-Strategie, um ein gemäßigtes Auftreten bemüht zu sein, wäre Gerhard Vierfuß also ein Fall für ein Parteiausschlussverfahren und im Konfliktfall ein Thema für das Schiedsgericht der niedersächsischen AfD. Problem dabei: Gerhard Vierfuß ist selbst Teil dieses Schiedsgerichts. Die Besetzung der Schiedsgerichte mit völkischen Hardlinern kann als Strategie bewertet werden, um Ausschlüsse gegen all zu radikal auftretende Parteimitglieder zu erschweren.

Das Beispiel Gerhard Vierfuß zeigt deutlich, dass völkische, antisemitische und nationalistische Positionen in der AfD nur vordergründig verurteilt werden, und zwar nur dann, wenn der Partei öffentlicher Schaden droht. In Wirklichkeit sind diese menschenfeindlichen Positionen elementarer Bestandteil der „Alternative für Deutschland“.

Eine existenzielle Bedrohung für die AfD wäre eine Beobachtung des Verfassungsschutzes freilich nicht. Nicht erst seit dem NSU ist klar, dass auf staatliche Behörden im Kampf gegen völkische Menschenfeinde kein Verlass ist. Im Gegenteil, der Verfassungsschutz baut solche Strukturen zum Teil auf, fördert sie und schützt sie vor Strafverfolgung. In langer reaktionärer und vor allem antikommunistischer Tradition ist es kein Zufall, dass es Charaktere (mit Hang zu Verschwörungsideologien) wie Hans-Georg Maaßen oder Helmut Roewer immer wieder in führende Positionen innerhalb des Verfassungsschutzes schaffen.

Im Kampf gegen die AfD und andere völkische Strukturen ist also weiterhin selbstorganisiertes, antifaschistisches Engagement gefragt.

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