„Oldenburger Kreis“ – Tief verwurzelt im völkischen Sumpf

Im Reformationsjahr ist Martin Luther in aller Munde. Bundesweit gibt es Aktionstage und Vorträge über den Kirchenreformator. Leider werden nur all zu selten Luthers antisemitische, autoritäre und sexistische Äußerungen thematisiert.

Ob sich die Organisator*innen einer nun in Oldenburg angekündigten Veranstaltung positiv auf Luthers menschenfeindliche Positionen beziehen, bleibt Spekulation. Verbindungen in völkisch-nationalistische Milieus weisen die Veranstalter*innen ebenso auf wie der angekündigte Referent.


Der „Oldenburger Kreis“ plant eine Veranstaltung im Oldenburger Kulturzentrum PFL

Was ist der „Oldenburger Kreis“?

Für Samstag, den 26.August, 18.00 Uhr, lädt eine Organisation namens „Oldenburger Kreis“ in das Kulturzentrum PFL. Thematisch soll es um „Luther und seine Bedeutung für die deutsche Nation“ gehen.
Der „Oldenburger Kreis“ ist bislang noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Erst seit Anfang August präsentiert er sich im sozialen Netzwerk Facebook mit einer eigenen Seite. In seiner Selbstdarstellug schreibt der „Oldenburger Kreis“: „Der parteipolitisch unabhängige Verein „Oldenburger Kreis“ verfolgt die Ziele der Förderung von Kunst und Kultur, der Heimatkunde und des demokratischen Staatswesens sowie des bürgerschaftlichen Engagements auf diesen Gebieten.“
Auch in der Selbstdarstellung verleiht sich der Verein also kaum ein greifbares politisches Profil. Doch die namentlich genannte Person auf dem Flyer ist ein alter Bekannter: Gerhard Vierfuß, seines Zeichens erfolgloser AfD-Kandidat zur Kommunalwahl 2016, ehemaliger Pressesprecher der AfD Stadt Oldenburg/Ammerland, aber auch öffentlicher Anhänger der völkischen „Identitären Bewegung“, die aktuell mit einem Schiff auf dem Mittelmeer versucht, Menschenrechtsorganisationen an der Rettung von ertrinkenden Flüchtenden zu hindern. Darüber hinaus schrieb Gerhard Vierfuß bereits für die konservativ-nationalistische Wochenzeitung „Junge Freiheit“.


Verantwortlich für den „Oldenburger Kreis“: Gerhard Vierfuß


AfD-Aktivist Gerhard Vierfuß während einer Demonstration der „Identitären Bewegung“ am 17.06.2017 in Berlin
Bild: Oskar Schwartz

In der Vergangenheit hatte der Oldenburger AfD-Verband des Öfteren Schwierigkeiten, Räumlichkeiten für Veranstaltungen zu finden. Auch die Stadt Oldenburg verweigerte bereits Organisationen die Nutzung ihrer Räumlichkeiten, wenn rassistische oder antisemitische Äußerungen zu erwarten waren. Zuletzt traf es aus diesen Gründen die israelfeindliche „BDS“-Kampagne.

Daher ließe sich spekulieren, ob die AfD mit dem „Oldenburger Kreis“ eine Tarnorganisation geschaffen hat, um wieder öffentliche Veranstaltungen in städtischen Räumlichkeiten durchführen zu können.

Doch bei einem genaueren Blick auf den AfD-Kreisverband Oldenburg-Stadt/Ammerland scheint die Vermutung naheliegend, dass mehr dahinter stecken könnte. So ist der Verband in seiner strategischen Ausrichtug gespalten. Große Teile des aktuellen Vorstands und auch die beiden Oldenburger Stadtratsabgeordneten verfolgen bislang ein eher gemäßigtes Auftreten in der Öffentlichkeit. Es gibt aber auch einen nach außen radikaleren, völkisch-nationalistischen Flügel, der in Person von Gerhard Vierfuß nach der Kommunalwahl 2016 innerhalb des Unterbezirks an Einfluss und Rückhalt verlor. In der Folge versucht Vierfuß eigene, von der strategischen Ausrichtung des lokalen AfD-Unterbezirks unabhängige Strukturen zu schaffen. Diese Bemühungen könnten sich nun in der Gründung des „Oldenburger Kreis“ niederschlagen.

Wer ist Dr. Karlheinz Weißmann?

Dazu passt auch die Wahl des Referenten der nun angekündigten Veranstaltung: Dr. Karlheinz Weißmann. Der Northeimer, Jahrgang 1959, gilt als einer der wichtigsten Vordenker der sogenannten „Neuen Rechten“. Gemeinsam mit Götz Kubitschek und anderen gründete Weißmann im Jahr 2000 das „Institut für Staatspolitik“, das durch Veröffentlichungen, Seminare und finanzielle Förderung von ihnen genehmen Forschungen zu einer der wichtigsten Strukturen der sogenannten „Neuen Rechten“ zählt. Dies gilt nicht nur ideologisch, sondern auch infrastrukturell. Durch das IfS vernetzt sich ein breites Spektrum, darunter unter anderem Neonaziaktivist*innen von NPD und ihrer Jugendorganisation JN, die „Identitäre Bewegung“ sowie Aktivist*innen von AfD und PEGIDA.

Weißmann publiziert seine Kampagne „GegenAufklärung“ seit Langem in der „Jungen Freiheit“. In seinen Veröffentlichungen träumt der Lehrer von einer „Kulturrevolution von Rechts“, die rassistische und nationalistische Positionen wieder salonfähig machen soll. Außerdem stellt er sich mit seinem Konzept der „selbstbewussten Nation“ gegen die Aufarbeitung der NS-Zeit. Der Sozialwissenschaftler Gerhard Schäfer nennt Karlheinz Weißmann einen überzeugten Antiliberalen, Antiwestler und Antifeministen, der als führender neurechter Theoretiker zwischen Konservativismus und Rechtsextremismus verkehre.

Weißmann publiziert im Übrigen auch im völkisch-rassistischen Ares-Verlag aus der Schweiz, bei dem auch der Oldenburger Historiker und Antropologe Andreas Vonderach veröffentlicht. Auch Andreas Vonderach ist eng mit dem „Institut für Staatspolitik“ verwoben.

Ausblick

Mit dem „Oldenburger Kreis“ haben wir es mit einem Verein zu tun, der tief im Milieu der sogenannten „Neuen Rechten“ verankert ist, sowohl was das eigene Personal als auch die Auswahl des Referenten angeht. Ob es am 26.August zu Protesten kommen wird oder ob die Stadt Oldenburg die Raumbuchung angesichts ihrer bisherigen Vergabepraxis nochmal überdenken wird, bleibt abzuwarten.

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