Selbstverständnis

Wir sind eine geschlossene, politische Gruppe, die sich als Teil antifaschistischer Strukturen begreift und in diesem Kontext handelt. Wir sehen uns als Teil einer solidarisch zueinander arbeitenden, emanzipatorischen Bewegung in und um Oldenburg.

Unser Antifaschismus…

Unser Hauptaktionsfeld ist die praktische antifaschistische Arbeit auf lokaler und überregionaler Ebene. Wir wollen dabei der organisierten, militanten Neonaziszene auf allen Ebenen effektiv entgegenwirken. Hierbei steht vor allem die Öffentlichkeitsarbeit und regelmäßige Berichterstattung über die Neonazis im Vordergrund. Wir wollen ihre Strukturen öffentlich machen und ihr Handeln und ihre Ideologie transparent machen. Eine unbeachtete, im Verborgenen agierende Neonaziszene, die sich ungestört entfalten kann, ist eine konkrete Gefahr für alle Menschen, die nicht in das völkische und sexistische Weltbild der Nazis passen. Hier wollen wir konkret ansetzen. Auch geht es uns darum, öffentliche Auftritte von Neonazis zu be- oder möglichst zu verhindern. Wir wollen deutlich machen, dass es niemals Normalität werden darf, wenn Rassist_innen öffentlich auftreten. Egal, ob sie irgendwo aufmarschieren wollen, Kundgebungen abhalten, Infostände durchführen, Plakate aufhängen oder im Stadtrat das Wort ergreifen wollen. Nazipropaganda darf niemals unwidersprochene Normalität sein. Nazis sollen immer mit Problemen rechnen müssen, wenn sie versuchen, öffentlich aufzutreten. Denn nationalsozialistische Ideologie kann nicht als gleichberechtigte Meinung gewertet werden, über die diskutiert werden kann, sondern ist immer noch eine verbrecherische Ideologie der Vernichtung.

… gegen die Gesamtscheiße

Wir stellen unser Handeln in den Kontext größerer sozialer, emanzipatorischer Bewegungen. Wenn wir die Nazis bekämpfen wollen, müssen wir die Gesellschaft kritisieren und ändern, aus der heraus autoritäre, diskriminierende Denkmuster entstehen. Rassistische, autoritäre, antizionistische und antisemitische Denkmuster sind weit in der Gesellschaft verbreitet, wie zahlreiche Studien („deutsche Zustände“, „vom Rand zur Mitte“) belegen. Migrant_innen, die nach Deutschland kommen, erwartet hier ein Klima der Ablehnung. Doch der Rassismus ist auch institutionell verankert. Teilweise über Jahre hinweg in Aufnahmelagern interniert, ist es ihnen verboten, eine Arbeit anzunehmen. Sozialleistungen werden mit Gutscheinen ausgezahlt, mit denen ein selbstbestimmtes Leben kaum möglich ist. Migrant_innen sind einer Bürokratie ausgesetzt, die in der Regel nur ein Ziel kennt: Die Ausweisung zurück in ein Land, in dem oftmals Krieg, Verfolgung oder Hunger drohen.
Auch Patriotismus und Nationalismus erteilen wir eine klare Absage. Wir halten es für irrational, auf den Zufall stolz zu sein, an einem bestimmten Ort, innerhalb einer künstlich entstandenen Grenze, geboren worden zu sein. Die positive Bezugnahme auf eine Nation erzeugt immer ein „wir“ und ein „die anderen“. Dies führt zu Ausgrenzung und Konkurrenzdenken.
Weiterhin wollen wir auch gegen gesellschaftlich etablierte Geschlechterrollenbilder ankämpfen. Gesellschaftlich sind nur die Geschlechterrollen „Mann“ und „Frau“ anerkannt und mit starren Rollenerwartungen versehen. Menschen, die sich über diese Rollenklischees hinwegsetzen oder Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen können oder wollen, erfahren massive Ausgrenzung. Sexismus und Homophobie sind Bestandteile deutscher Normalität.
Wir solidarisieren uns mit Menschen, die Kämpfe gegen diese Ausgrenzungsmechanismen aufnehmen, ebenso wie mit Menschen, die in andere soziale Kämpfe involviert sind, sei es im Kampf um selbstverwaltete Freiräume, gegen die Militarisierung der Gesellschaft, gegen staatliche Repressionen, gegen die Entrechtung von Arbeitslosen und prekär Beschäftigten oder in anderen Feldern. Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die eine emanzipatorische Gesellschaft anstreben, in der alle Menschen gleichberechtigt miteinander leben können.

Kapitalismus verstehen, kritisieren, abschaffen!

Wir verstehen uns als Teil einer emanzipatorischen, antikapitalistischen Bewegung. Hierzu erachten wir es zunächst als notwendig, den Kapitalismus mit seinen Mechanismen zu verstehen. Insbesondere verkürzter, personalisierter Kapitalismuskritik erteilen wir eine scharfe Absage. Es darf nicht darum gehen, vermeintlich „Schuldige“ zu präsentieren und für die Fehler eines Wirtschaftssystems, das Konkurrenz, Armut und Ausgrenzung hervorruft, verantwortlich zu machen. Der Kapitalismus weist eine große Komplexität auf und wird durch uns alle tagtäglich reproduziert. Es gilt also, fundierte Analysen zu treffen und darauf das politische Handeln abzustimmen. Die eigenen Ideen und Konzepte bedürfen einer ständigen Reflexion und kritischen Hinterfragung, um aktuelle Entwicklungen berücksichtigen zu können. Statische Ideen, „wie alles besser wird“, halten wir für wenig zielführend.

Rechts? Links? Extremist_innen?

Bewusst verzichten wir in unserer Selbstwahrnehmung auf das Etikett „politsch links“. Die Kategorie „links“ ist eine unscharfe politische Richtungsbezeichnung, die verschiedene Überzeugungen und Ansätze miteinander vermengt und nichts Konkretes über politische Zielsetzungen und Arbeit aussagt. Vieles, das als politisch „links“ bezeichnet wird, finden wir unterstützenswert, andererseits gibt es aber auch reaktionäre und autoritäre Gruppierungen, die diese Bezeichnungen für sich in Anspruch nehmen, von denen wir uns jedoch deutlich distanzieren möchten. Ebenso kritisch sehen wir die Bezeichnung von Neonazis als „rechtsextrem“ oder „rechtsradikal“. Das Naziproblem wird dadurch an einen „rechten Rand“ gedrängt, die „demokratische Mitte“ bleibt in diesem Ansatz außen vor. Hierbei wird außer Acht gelassen, dass sexistische, rassistische, antisemitische und faschistoide Einstellungsmuster keineswegs an einem „Rand“ der Gesellschaft entstehen, sondern tief im gesellschaftlichen Denken, auch institutionell, verankert sind und tagtäglich aus ihrer Mitte reproduziert werden. Daher verzichten wir bewusst auf die Kategorien „rechts“ und „links“, die auf ein eindimensionales, stark vereinfachtes Politikbild schließen lassen. Wir benennen politische Strömungen lieber nach dem, was sie beinhalten: emanzipatorische, fortschrittliche soziale Bewegungen bezeichnen wir viel lieber als solche, als sie
„links“ zu nennen. Andererseits finden wir es auch zielführender, Neonazis auch so zu bezeichnen. Eine solche Vorgehensweise erachten wir auch als sinnvoll, um die aktuelle Debatte um die sogenannte „Extremismustheorie“ mit zu beeinflussen. In dieser Theorie werden „rechte“ und „linke“ politische Strömungen miteinander gleichgesetzt und als gleichermaßen gefährlich eingeschätzt. Eine Theorie, die auch in wissenschaftlichen Kreisen umstritten ist, aber von der Bundesregierung immer wieder dazu genutzt wird, um gegen Neonazis und Antifaschist_innen gleichermaßen vorzugehen. Dass dieser Vergleich zwischen mörderischer, nationalsozialistischer Ideologie, die von der natürlichen Ungleichwertigkeit der Menschen ausgeht und freiheitlichen, emanzipatorischen Ansätzen absurd ist, liegt auf der Hand. Mit dem Verzicht auf die Kategorien „rechts“ und „links“ wollen wir solche Debatten versachlichen und inhaltlich präzisieren, so dass die Absurdität dieser Gleichsetzung offensichtlicher wird.

„unser Denken und Handeln darauf auszurichten, dass sich Auschwitz niemals wiederhole“*

Die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands, insbesondere die Verfolgung und Ermordung von mehr als 6 Millionen Jüd_innen, die Shoah, ist ein in der Form einzigartiges Verbrechen. Jüdinnen und Juden wurden völkisch definiert, verfolgt und in einer einzigartigen, industriellen Vernichtungsmaschinerie millionenfach umgebracht. Es liegt in unserer aller Verantwortung, dass sich derartige Verbrechen niemals wiederholen. Angesichts weit verbreiteter rassistischer und antisemitischer Ressentiments in der Gesellschaft eine Arbeit, die kontinuierlich und nachhaltig, auf allen Ebenen stattfinden muss. Dafür setzen wir uns ein.

antifa.elf im Oktober 2012

*frei nach Adorno

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