„Besseres Oldenburg“ – Blinder Hass und stumpfe Parolen

Seit dem Farbanschlag auf den jüdischen Friedhof in Osternburg ist von Seiten der Oldenburger Neonaziszene viel passiert. Unter anderem kam es zu weiteren Sprüh- und Aufkleberaktionen, aber auch zu konkreten Bedrohungen gegen Andersdenkende bis hin zum Aufruf zum Mord. Der folgende Artikel fasst die aktuellen Ereignisse und handelnden Neonazistrukturen in einer unvollständigen Übersicht zusammen.

Außenwirkung und Aktivitäten

Seit dem Anschlag auf den jüdischen Friedhof kam es kontinuierlich zu Aktivitäten der Neonazis aus dem Umfeld der „Kameradschaft Oldenburg“ . Regelmäßig wurden Aufkleber mit neonazistischen Inhalten verklebt, vor allem in den Oldenburger Stadtteilen Osternburg und Kreyenbrück, aber auch im Bahnhofsviertel und in Donnerschwee sowie in der Kleinstadt Rastede (Landkreis Ammerland). Außerdem beteiligten sich drei Oldenburger Neonazis am Naziaufmarsch in Magdeburg am 18.01.2014 und provozierten während einer Stadtratssitzung im PFL.


Aufkleber der „Kameradschaft Oldenburg“ am Bahnhof in Rastede

Anfang Januar 2014 wurde außerdem probiert, eine Internetpräsenz der „Kameradschaft Oldenburg“ zu etablieren. Nach dem peinlichen Versuch, eine Homepage bei dem Anbieter „wix.com“ zu etablieren , versuchten die Neonazis nun, eine Präsenz beim alternativen Blogbetreiber „blogsport“ zu starten. Zwei Seiten mit dem Namen „Kameradschaft Oldenburg“ bzw. „Widerstand Oldenburg“ wurden nacheinander gestartet, jedoch nach jeweils wenigen Stunden wieder gelöscht.
Seit dem 6.Januar betreiben die Neonazis eine Facebookseite unter dem Namen „Besseres Oldenburg“ und treten auch unter diesem Namen auf.


Facebookseite von „Besseres Oldenburg“

Bezugnahme auf eine militante Neonazigruppe aus Hannover

Der Begriff „Besseres Oldenburg“ nimmt direkten Bezug auf den Gruppennamen der Kameradschaft „Besseres Hannover“, die im September 2012 als militante neonazistische Organisation verboten wurde. Neben Gewalttaten gegen Antifaschist_innen machten die Hannoveraner Neonazis von „Besseres Hannover“ vor allem durch die Figur des „Abschiebär“ auf sich aufmerksam. In Internetvideos trat ein Neonazi in einem Bärenkostüm auf und forderte Menschen, denen ein „Migrationshintergund“ zugeschrieben wird, zur Ausreise aus Deutschland auf. In einem Video verwendet der „Abschiebär“ dabei den Hitlergruß. Videos des „Abschiebär“ verschickte „Besseres Hannover“ per E-Mail an verschiedene niedersächsische Politiker_innen, unter anderem an die Integrationsministerin Aygül Özkan. Außerdem produzierte „Besseres Hannover“, zu dessen innerem Kern ca. 40 Neonazis gehören sollen, eine Schüler_innenzeitung mit dem Titel „Bock – das Sprachrohr der Gegenkultur“.

Akteur_innen

Die Oldenburger Kameradschaftsstruktur setzt sich aus Neonazis zusammen, die teilweise seit Jahren in Oldenburg versuchen, rassistische, sexistische und antisemitische Inhalte in die Öffentlichkeit zu tragen. Teilweise sind aber auch Neonazis das erste Mal im Zusammenhang mit der „Kameradschaft Oldenburg“ in Erscheinung getreten. Im Folgenden wollen wir die wichtigsten Akteure kurz benennen.
Daniel Gawenda ist seit vielen Jahren als Neonazi bekannt. Er engagiert sich für die NPD und war auch Teil der militanten Neonazistruktur, die im Jahr 2011 für diverse Gewalttaten (1,2,3) verantwortlich war. Die Wohnung von Gawenda in Osternburg dient regelmäßig als Anlaufpunkt für Neonazis, die von dort aus Aufkleber verkleben, Sprühereien mit neonazistischen Inhalten verbreiten oder, teilweise Parolen rufend, in die Innenstadt zu ihrer Stammkneipe, dem Big Ben in der Wallstraße ziehen.


Daniel Gawenda mit seiner Partnerin Nina Pauen bei einer NPD-Kundgebung am 12.01.2013 in Oldenburg
Foto: recherche-nord

Auch Erik Bruhn ist seit mehreren Jahren als Neonazi bekannt. Er engagiert sich ebenfalls für die NPD und war seit 2011 in militante Neonazistrukturen in Wilhelmshaven und Oldenburg eingebunden. Auch er war in mehrere gewalttätige Aktionen der Oldenburger Neonaziszene eingebunden. In Kreyenbrück, dem Wohnort Bruhns, tauchen regelmäßig Neonaziaufkleber auf. Bruhn war auf diversen neonazistischen Demonstrationen zwischen 2011 und 2013 anzutreffen.


Erik Bruhn aus Oldenburg-Kreyenbrück (Bildmitte) bei einer NPD-Kundgebung in Oldenburg am 12.01.2013. Rechts im Bild: Robin Sudbrink (derzeit inhaftiert)
Foto: recherche-nord

Rolf Hilfers trat mit der Gründung der Oldenburger Kameradschaft das erste Mal öffentlich als Neonazi auf. Hilfers, der ursprünglich aus Rastede kommt, wohnt ebenfalls in Kreyenbrück. Die Gegend um seine Wohnung versieht er regelmäßig mit Neonaziaufklebern. Hilfers wurde am Abend des Farbanschlags auf den jüdischen Friedhof im November 2013 in einer vierköpfigen Gruppe Neonazis in unmittelbarer Nähe des Tatorts gesehen.


Rolf Hilfers aus Oldenburg-Kreyenbrück bei einem NPD-Infostand am 21.September 2013 im Oldenburger Stadtteil Osternburg. Rechts im Bild: Eckhard Aden, Vorsitzender des NPD-Unterbezirks Oldenburg
Foto: http://ausstellung.blogsport.de

Zum Kreis der aktiven Mitglieder zählt ebenfalls der 18jährige Phillip Krull aus Ofen (Bad Zwischenahn, Landkreis Ammerland). Krull, der zunächst versuchte, in der Oldenburger Fußballfanszene Fuß zu fassen, beteiligte sich bereits an NPD-Kundgebungen in Bremen und Oldenburg. Außerdem unterstützte er Wahlkampfstände der NPD in Nordenham und Brake Ende August 2013. Darüber hinaus pflegt Krull Kontakte in die Oldenburger Hooliganszene.
Von Mai bis Juli 2013 tauchten zudem in Ofen mehrere Hakenkreuzschmierereien auf. Ein 18jähriger gestand die Tat. Vieles deutet darauf hin, dass es sich hierbei um Phillip Krull handelt.
Krull arbeitet derzeit bei einem REWE-Supermarkt in der Oldenburger Innenstadt. Nicht nur durch die häufige Anwesenheit seiner „Kameraden“ entsteht für Andersdenkende eine potentielle Bedrohungslage.


Phillip Krull aus Ofen (Bildmitte) bei einer NPD-Kundgebung in Oldenburg am 16.08.2013 zusammen mit den Oldenburger NPD-Funktionären Ulrich Eigenfeld (links) und Eckhard Aden (rechts)
Foto: recherche-nord


Ein Aktivist von „Besseres Oldenburg“ (Bildmitte) beim Naziaufmarsch in Bad Nenndorf am 03.08.2013
Foto: Christian Jäger

„Wir greifen Euch einzeln ab. Heil Hitler“

Auf der Facebookseite „Besseres Oldenburg“ kommentieren die Neonazis eine Hausbesetzung. Unter anderem ist dort zu lesen: „Es wird […] schon fleißig an einer Protestaktion, gegen Linke in Oldenburg geplant“ (Eintrag vom 13.Januar 2014, Fehler im Original)

Was sich genau darunter vorgestellt werden kann, machtePhillip Krull zusammen mit einem „Kameraden“ deutlich. Mit den Worten „Wir greifen euch einzeln ab. Heil Hitler“ bedrohten die beiden Neonazis eine Person Mitte Januar in der Innenstadt.
Bereits im Dezember 2013 besuchten vier Neonazis von „Besseres Oldenburg“ eine Sitzung des Oldenburger Stadtrats im PFL. Da mit Ulrich Eigenfeld ein Vertreter der NPD im Rat sitzt, gibt es bei jeder Sitzung antifaschistische Proteste. Im Dezember wurde darüber hinaus die Ausstellung „alte und neue Nazis in Oldenburg“ gezeigt. Auf Grund dessen versuchten die Neonazis Erik Bruhn, Rolf Hilfers, Phillip Krull und eine weitere Person im PFL mit ihrer Anwesenheit zu provozieren, wurden jedoch schnell von Antifaschist_innen der Räumlichkeiten verwiesen.


Neonazis von „Besseres Oldenburg“ provozieren während einer Stadtratssitzung im Oldenburger PFL am 16. Dezember 2013

„Lammerding töten“

Ebenfalls auf das Konto von „Besseres Oldenburg“ dürfte ein Aufruf zur Tötung von Frank Lammerding gehen. Lammerding ist Leiter des Schulamts und geriet in die lokalen Schlagzeilen, als er Schulleiter_innen und Eltern den direkten Kontakt zur Vertreter_innen des Stadtrats untersagen wollte. Die Neonazis schrieben dazu auf ihrer Facebookseite in gewohnt verkürzter Manier: „Der schuldige ist gefunden! Der Antideutsche Frank Lammerding. Er stellt sich gegen die Schulleitungen in Oldenburg und will ihnen ein Maullkorb verpassen! Nicht mit uns!“ (Facebookeintrag vom 9.Januar, Fehler im Original)).
Kurz darauf tauchte auf einem Altkleidercontainer am Gleisweg, gegenüber der Wohnung von Daniel Gawenda, eine Sprüherei mit dem Wortlaut „Lammerding töten“ auf. Mit derselben roten Farbe wurden wenige Meter entfernt Hakenkreuze sowie die Parole „NS jetzt“ gesprüht.


Aufruf zum Mord am Schulamtsleiter Frank Lammerding am Gleisweg in Oldenburg im Januar 2014

Inhalte / Ideologien

In der Außendarstellung von „Besseres Oldenburg“ wird deutlich, dass ausführliche inhaltliche Auseinandersetzungen nicht stattfinden. Vielmehr werden Parolen, die auf Aufklebern und während neonazistischer Demonstrationen auftauchen, reproduziert, ohne inhaltlich in die Tiefe zu gehen. So schrieb die „Kameradschaft Oldenburg“ auf der mittlerweile gelöschten Blogsportseite: „Denn Umweltschutz ist Heimatschutz“. Teilweise sind die Verlautbarungen der Kameradschaft sprachlich so mangelhaft, dass der Sinn verkehrt wird („Auch in Oldenburg ist es keine Seltenheit, das sogenannte eingereiste Südländische „Mitbürger“ vor Raubüberfällen halt machen“, Facebookeintrag vom 12.Januar 2014) oder der Sinn schlicht und einfach nicht mehr erkennbar ist („Somit würde die Jugend, sich der Gesellschaft anschließen die als einzige Perspektive hat!“)


Wirre Verlautbarungen auf der Facebookseite von „Besseres Oldenburg“ (oben) bzw. auf dem mittlerweile gelöschten Blog der „Kamerdaschaft Oldenburg“ (Auszug, unten)

Über einfachste Ideologiefragmente in Parolenform kommen die Neonazis nicht hinaus. Auch mit einem bei Facebook geposteten Zitat schossen sie ein Eigentor. Sie bezogen sich positiv auf den Philosophen Arthur Schopenhauer. Das von ihnen gepostete Zitat wurde von einem Facebookuser treffend mit folgendem Zitat ergänzt: „Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.“


Facebook-Screenshot vom 17.Januar 2014

Ausblick

Auch wenn die Aktivist_innen der „Kameradschaft Oldenburg“ bzw. von „Besseres Oldenburg“ inhaltlich und rhetorisch nicht gerade professionell auftreten, versuchen sie derzeit, mit Propagandaaktionen und Einschüchterungen in die Offensive zu gehen.
Es ist vielfältiges antifaschistisches Engagement gefragt, um das Treiben der Neonazis schnellstmöglich zu beenden.

9 Replies to “„Besseres Oldenburg“ – Blinder Hass und stumpfe Parolen”

  1. Der Haufen war letzte woche auch großflächig im südlichen Bürgerfelde unterwegs. Die meisten Hinterlassenschaften wurden aber bereits entfernt.

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