Nur ca. 30 Teilnehmer*innen bei Neonazikundgebung in Wilhelmshaven

Lediglich 30 Neonazis, Rocker und „besorgte“ Bürger*innen fanden sich am vergangenem Samstag, 07.11.2015, zu einer Kundgebung gegen „Asylmissbrauch und Masseneinwanderung“ im Wilhelmshavener Stadtteil Fedderwardergroden ein. Aufgerufen zu dieser Kundgebung hat die „Aktionsgruppe Weser/Ems“, eine Vernetzungsstruktur, welche maßgeblich von Oldenburger und Friesischen Neonazis getragen wird.


Foto: recherche-nord

Neonazis, Rocker und „Wilgida“

Anmelderin war Vanessa Stindt, welche im Vorfeld wert darauf legte, dass sie Mitglied der „Aktionsgruppe Weser/Ems“ ist. Aufgefallen ist die Wittmunderin zuletzt als Teil einer Neonazigruppe, welche in Oldenburg-Etzhorn versuchte, Hetze gegen Geflüchtete zu betreiben.


Anmelderin Vanessa Stindt aus Wittmund, Mitglied der „Aktionsgruppe Weser/Ems“
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Aus Oldenburg fiel die Beteiligung an der Kundgebung außerordentlich schwach aus. Lediglich der NPD-Unterbezirksvorsitzende Eckard Aden reiste an. Aden ist derzeit sehr umtriebig – so ist er neben seiner Tätigkeit für die NPD auch federführend bei der „Aktionsgruppe Weser/Ems“ und der Kameradschaft „Freies Oldenburg“ aktiv. Aus NPD-Strukturen waren außerdem Albert Wille, NPD-Unterbezirk Ostfriesland-Friesland, sowie der stellvertretende niedersächsische NPD-Landesvorsitzende Ingo Helge aus Schnerverdingen anwesend.


NPD-Aktivisten Eckhard Aden aus Oldenburg (links im Bild) und Jens Wagenlöhner aus Wilhelmshaven (rechts)
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Daniela Bliesener aus Schortens, derzeit eine der wohl aktivsten Neonazis aus der Region, trat während der Kundgebung als Rednerin in Erscheinung. Als „Anti-Antifa-Fotograf“ versuchte sich der aus Walsrode stammende Sören Surdyk. Surdyk war vor wenigen Jahren noch in Oldenburger Neonazistrukturen aktiv. Als Gastredner war zudem Johannes Welge aus dem Kreisverband Hildesheim der Kleinstpartei „Die Rechte“ angereist.


Bildmitte: „Wilgida“-Kopf Volker Hillnhütter aus Wilhelmshaven. Rechts im Bild: Daniela Bliesener aus Schortens
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Sören Surdyk aus Walsrode
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Aus Wilhelmshaven war eine Mischszene aus Rockern des „Schwarzen Rudels“, Neonazis und den Betreibern der Facebook-Seite des lokalen PEGIDA-Ablegers „Wilgida“ vor Ort. Aus dem organisierten Neonazispektrum waren beispielsweise Mirko Evers und Jens Wagenlöhner anwesend. Jens Malte Hillers hingegen ist sowohl der örtlichen Neonaziszene zuzurechnen als auch dem Gremium-Supporter-Club „Schwarzes Rudel Wilhelmshaven“. Auch anwesend war der Vorsitzende dieses Rocker-Clubs, Volker Hillnhütter, welcher auch einer der beiden Betreiber der Facebookseite „Wilgida“ ist.

Huch? Eine Nazikundgebung?

Im Nachhinein bekundete „Wilgida“ via Facebook, sich „nicht mit allen Aussagen identifizieren“ zu können. Genauer wurden sie dabei nicht. Diese Distanzierung erscheint mehr als unglaubwürdig. So sind „Wilgida“-Chef Volker Hillnhütter und der langjährige Neonazi Jens Malte Hillers im selben Rockerclub aktiv und begrüßten sich dementsprechend herzlich auf der Kundgebung


Neonazis und „Wilgida“ vereint
Foto: recherche-nord

Darüber hinaus arbeiteten Neonazis und „Wilgida“ bereits in der Vergangenheit eng zusammen. An einem ersten „Spaziergang“ des PEGIDA-Ablegers am 16.September 2015 nahmen die bekannten Wilhelmshavener Neonazis teil, ebenso wie an einem Versuch, ein Willkommensfest für Geflüchtete zu stören.

Auch auf ideologischer Ebene sind kaum Unterschiede zwischen neonazistischem Gedankengut und den „Wildiga“-Inhalten festzustellen. Vor allem in der Wortwahl gleichen sich Neonazis und „Wilgida“ sehr, wenn beide von „nicht kompatiblen Einwanderern“ sprechen oder auf Parolen wie „Nein zum Heim“ zurückgreifen.

Nicht zuletzt wurde die Kundgebung in Wilhelmshaven klar als Veranstaltung einer neonazistischen Struktur beworben. Auch die NPD-Unterbezirke Oldenburg sowie Ostfriesland/Friesland warben für die Veranstaltung, genau wie der niedersächsische Landesverband der Nazipartei. Es war also eindeutig, dass es sich um eine Kundgebung der Neonaziszene handelt. Dennoch warb „Wilgida“ intensiv dafür. Sich im Nachhinein darüber zu wundern, auf einer Neonaziveranstaltung gelandet zu sein, erscheint zumindest bizarr.

Ausblick

Gegen die rassistische Kundgebung protestierten weit mehr als 400 Menschen aus verschiedenen politischen Spektren. Der Protest wurde lautstark direkt an der Absperrung zur Kundgebung geäußert, so dass kein Wort der neonazistischen Redner*innen zu verstehen war. Außerdem erschienen statt der angemeldeten 50 Teilnehmer*innen lediglich knapp 30 Personen.

Der Tag ist daher aus antifaschistischer Sicht als Erfolg zu werten. Dennoch kann für die Region keine Entwarnung gegeben werden. „Wilgida“ und Neonazis werden weiterhin gemeinsam versuchen, rassistische Hetze zu betreiben und ein Klima der Angst zu schaffen.


Gewaltfantasien gegen Geflüchtete
Bildquelle: Stopp-Rechts

Während der Kundgebung kam es auch zu versuchten Übergriffen auf Gegendemonstrant*innen. Schon während des ersten „Wilgida“-Spaziergangs am 15.09.2015 gab es den Versuch, einen Antifaschisten mit einem Auto anzufahren. 12 Tage später versuchte der gleiche Personenkreis, ein Willkommensfest für Geflüchtete zu stören.
Doch nicht nur mit körperlicher Gewalt versuchen „Wilgida“ und Neonazis, Räume zu besetzen und für sich zu beanspruchen. Auch bei Informationsveranstaltungen zu neu entstehenden Geflüchtetenunterkünften knüpfen sie an rassistische Ressentiments an und probieren so, die Diskussionen zu bestimmen.


Jens Malte Hillers überpringt die Polizeiabsperrung und versucht, Gegendemonstrant*innen anzugreifen
Foto: recherche-nord

Es ist also weiterhin vielfältiges antifaschistisches Engagement in Wilhelmshaven und Umgebung gefragt.

Aktuelle Informationen finden sich beim „Antifaschistischen Anker Wilhelmshaven“.

Pressespiegel zur Neonazikundgebung

Fotogalerie (recherche-nord)
WHV gemeinsam verANKERt gegen Rechts – Einheit gegen Peinlichkeit (Antifaschistischer Anker Wilhelmshaven)
Bericht ( Stopp-Rechts)
Video (Wilhelmshavener Zeitung)
Lautstarkes Signal gegen Rechts (Wilhelmshavener Zeitung)
Kundgebung gegen den rechten Aufmarsch (Gegenwind WHV)

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