Wie schon in den Jahren zuvor fand auch dieses Jahr wieder eine sogenannte „Schwarze-Kreuze-Aktion“ in Oldenburg statt. Dabei handelt sich um eine von Neonazis bundesweit durchgeführte rassistische „Gedenkaktion“ für deutsche Opfer, die vermeintlich von migrantisch gelesenen Täter*innen getötet wurden. Um diese Taten zu instrumentalisieren und rassistische Ressentiments zu bedienen, werden jährlich am 13.07 schwarze Holzkreuze aufgestellt die u.a. die Namen der Opfer tragen und beschriftet sind mit Schlagworten wie „deutsche Opfer – fremde Täter“ oder „Einzelfälle“.
Bild: Offener Antifaschistischer Treff Oldenburg (2020)
In der Nacht vom 13.07.2022 auf den 14.07.2022 verteilten Neonazis in Oldenburg die Kreuze an verschiedenen Standorten in der Stadt und an Ortseingangsschildern im Umland. Bilder von der Aktion wurden um 23:11 Uhr von dem Benutzernamen @Oldenburg18 in der Telegramgruppe „Schwarze Kreuze – Bildergruppe“ gepostet.
Auffällig war dieses Jahr, dass nicht nur in der Stadt agiert wurde, sondern auch Ortseingänge im Umland ausgewählt wurden. Vermutlich sollte so der Aktionsradius der Neonazis größer wirken. Im Gegensatz zum letzten Jahr sahen sie davon ab, Bilder von sich bei der Aktion zu veröffentlichen. So konnten Antifaschist*innen 2021 Rückschlüsse auf bekannte Personen, wie beispielsweise Benjamin Fröhle aus der lokalen Neonaziszene, ziehen. Auch sah die Kameradschaft „Freies Oldenburg“ in diesem Jahr davon ab, Bilder der Aktion in den sozialen Medien zu posten.
Es ist dennoch davon auszugehen, dass auch in diesem Jahr wieder die selben Akteur*innen für die rassistische Aktion verantwortlich waren.
Eine politische Außenwirkung dürfte diese Aktion wie in den Vorjahren erneut nicht erzielt haben. Die Kreuze sind unauffällig und schwer zu sehen, die kurzen Beschriftungen für Passant*innen und Außenstehende kaum zuzuordnen. Darüber hinaus entfernten engagierte Antifaschist*innen noch in der selben Nacht die Kreuze. Nicht mal die Aktionswebsite der „Schwarze-Kreuze-Aktion“ gönnte den lokalen Neonazis eine Außenwirkung. Dort wurden bislang keine Bilder aus Oldenburg und dem Umland veröffentlicht. Insgesamt betrachtet lässt sich die Aktion als Flop für die Neonazis einordnen.
Aber: Diese Aktionsform stellt mittlerweile seit Jahren ein Lebenszeichen der örtlichen Neonaziszene dar, die ansonsten eher durch politische Handlungsunfähigkeit gekennzeichnet ist. Ein vermutlich kleiner Kern besteht weiterhin, ist untereinander vernetzt, organisiert sich und steht mit anderen neonazistischen Gruppierungen in Verbindung.
Von einer Entwarnung kann daher nicht die Rede sein. Organisierte und vernetzte Neonazis, egal wie viele, stellen immer eine potentielle Gefahr dar. Es gilt weiterhin, ihr Treiben genau zu beobachten.