„DasSindWirOldenburg“ – Eine Vernetzung von ganz Rechts

In vielen Regionen in Deutschland gibt es derzeit „DasSindWir“- Gruppen auf „Telegram“. Seit dem 30.01.2021 vernetzen sich auch in Oldenburg und aus dem Umland diverse rechte Akteur*innen aus unterschiedlichen Spektren über den Nachrichtendienst. Die Telegramgruppe „DasSindWirOldenburg“ ist ein Sammelbecken aus Reichsbürger*innen, Verschwörungsgläubigen, QAnon-Anhänger*innen, Coronaleugner*innen, Holocaustleugner*innen und Neonazis.

Inhaltlich geht es in der Gruppe überwiegend um antisemitische Verschwörungserzählungen. Anders als bei „Querdenken 441 Oldenburg“, beschränken sich diese allerdings nicht nur auf die aktuelle Corona-Krise. So finden sich dort neben klassischen Reichsbürger*innenthemen, wie die Souveränität Deutschlands, Themen wie QAnon, Chemtrails und alle möglichen anderen absurden Verschwörungsmärchen.

Neben „Querdenken 441 Oldenburg“ ist „DasSindWirOldenburg“ die zweite Gruppierung für Antisemit*innen und Rechte. Ein erstes Treffen fand am 04.02.2021 am Bornhorster See in Oldenburg statt. Gekommen waren 10 Leute die sich auf dem Parkplatz des Bornhorster Sees trafen und gemeinsam um den See spazierten. Kurz darauf wurde eine private Chatgruppe mit allen Teilnehmer*innen des Treffens auf „Telegram“ erstellt.

Zerwürfnis mit „Querdenken 441 Oldenburg“?

Auch wenn sich die Mitstreiter*innen von „DasSindWirOldenburg“ zum Teil mit den Teilnehmer*innen von „Querdenken 441 Oldenburg“ überschneiden, scheint die Gruppe aber etwas eigenes auf die Beine stellen zu wollen und von einer Zusammenarbeit bisher abzusehen. So planen sie bereits eigene Aktionen ohne dabei auf die Strukturen von Querdenken zurückzugreifen. Das ist bemerkenswert, da sie sich inhaltlich als auch ideologisch gleichen und auch Kontakte bestehen dürften. Eine Erklärung könnte ein Zerwürfnis mit der Oldenburger Querdenken Bewegung sein.

Akteur*innen von „DasSindWirOldenburg“

Bei „DasSindWirOldenburg“ mischen seit Beginn bekannte Gesichter wie Eberhard Lüder und Nicole Dobiasch mit. Dobiasch nahm bereits am ersten Treffen der Gruppe teil. Im vergangenen Jahr trat Dobiasch bei mehreren Querdenken-Veranstaltungen in Oldenburg in Erscheinung. In der Telegramgruppe nennt sie sich „Runenzauber“ und der Name ist Programm. Ganz offen zeigt sie sich auf ihrem Telegramprofil mit neonazistischen Symbolen wie z.B der Schwarzen Sonne oder anderen Runen, die sie sich auf ihrem Körper tätowiert hat. Darüber hinaus finden sich dort teils martialische Bilder von ihr, auf denen sie sich z.B mit einem Messer, ihrem Hund und der Neonazimarke „Thor Steinar“ präsentiert. Nicole Dobiasch ist seit dem 01.02.2020 in der Gruppe, beteiligt sich fleißig im Chat und fällt immer wieder mit völkischen und antisemitischen Äußerungen auf. So antwortete sie am 05.02.2021 einem Gruppenmitglied aus Bremen per Sprachnachricht, in Bezug auf Oldenburg, „da ist man dann nicht mehr der einzige weiße Blonde auf der Straße“. Was in Bremen, ihrer Ansicht nach, nicht der Fall wäre. Am 05.02.2021 schrieb Nicole Dobiasch von dem „JU … Tempel alias Schlossgosse“.

Auch wenn sie es nicht ganz ausgeschrieben hat, dürfte ziemlich klar sein, dass sie „Judentempel“ schreiben wollte und mit „Schlossgosse“ die Oldenburger „Schlosshöfe“ gemeint sind. Was genau sie damit sagen will, führt sie nicht weiter aus. Wahrscheinlich sieht sie in den Schlosshöfen eine Art geballtes Kapital, hinter dem vermeintlich Jüd*innen stecken. Damit bedient sie ein altes antisemitisches Narrativ nachdem Jüd*innen hinter dem Finanzwesen stecken.

Ebenfalls kein Unbekannter ist der Reichsbürger Eberhard Lüder. Zuletzt nahm Lüder am 17.01.2020 an einer Veranstaltung von „Fridays gegen Altersarmut“ teil. Dort relativierte er die Shoah indem er die offiziellen Opferzahlen in Frage stellte. Davor war er Teil der gescheiterten Oldenburger Gelbwesten Bewegung. Am 01.02.2021 gründete er die Telegramgruppe „Großherzogtum Oldenburg“, in der ausschließlich Reichsbürger*innenthemen wie die Souveränität Deutschlands Inhalt sind. Lüder ist Administrator der Gruppe und „informiert“ dort als vermeintlicher „Experte“ und tauscht sich mit anderen Reichsbürger*innen aus.

Erste Aktion

Am 12.02.2021 fand die erste Aktion von „DasSindWirOldenburg“ statt. Eine kleine Gruppe von 7 Leuten traf sich am Horst-Janssen-Museum zu einer „Protestaktion“. Einige von ihnen hatten selbst gebastelte Schilder dabei. Ziemlich schnell fand sich auch ein antifaschistischer Gegenprotest ein, der die Gruppe begleitete. Unter den Anwesenden war auch wieder Nicole Dobiasch die ein Schild mit der Aufschrift „Impfen macht frei“ mit sich führte. Dabei war der Schriftzug zu einem KZ-Torbogen stilisiert. Mit diesem Schild zog die Gruppe u.a. an den Denkmälern für die Opfer des Nationalsozialismus in der Peter Straße vorbei.

<small Erste Aktion von „DasSindWirOlden“. Nicole Dobiasch mit „Impfen macht frei“-Schild
(Bildquelle: Nutshell Fotografie)

Fazit

In Oldenburg hat sich innerhalb weniger Tage eine neue völkisch-antisemitische Gruppe gebildet. Im Gegensatz zu „Querdenken 441 Oldenburg“, wird hier nicht einmal versucht irgendeine Art Fassade aufzubauen. Es wird ganz offen vom Umsturz geträumt sowie antisemitisches und völkisch-nationalistisches Gedankengut geteilt. Inwieweit sie es aber schaffen, öffentlich wirksame Aktionen auf die Beine zu stellen, bleibt abzuwarten. Im Moment sieht es nicht danach aus, als ob diese Gruppe ein ernstzunehmendes Potential hat oder ein ähnlich strukturelles Niveau erreicht wie die vermeintlichen Querdenker*innen. So wurde ein zweites geplantes Treffen, wegen Kälte und mangels potentiellen Teilnehmer*innen, abgesagt. Auch die erste Aktion floppte, dank antifaschistischer Intervention. Zudem sind sie sich über genaue Ziele teilweise uneins und es kommt immer wieder zu Streitereien innerhalb der Gruppe. Dennoch eint alle die Abneigung gegenüber dem politischen System, die Ablehnung einer modernen, emanzipatorischen Gesellschaft und ihr antisemitisches, völkisch-nationalistisches Weltbild voller Verschwörungsideologien. Dass es sich bei Anhänger*innen solcher vermeintlichen Verschwörungen keinesfalls bloß um harmlose Spinner handelt, sondern von ihnen eine konkrete Gefahr ausgeht, zeigte nicht zuletzt der Anschlag in Hanau.

Aus Worten, so abstrus sie auch erstmal klingen mögen, können schnell Taten werden. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass „DasSindWirOldenburg“ ganz schnell wieder in der Versenkung verschwindet.