Derzeit ist es in der neonazistischen Szene schwer im Trend sich als sozialer Kümmerer der Obdachlosen und sonstigen sozial Bedürftigen in Szene zu setzen. Sei es die Volkshilfe e.V. aus der Region Osnabrück oder die Neonazihooligans von „Gemeinsam Stark e.V.“ am Bremer Hauptbahnhof. Verachtete und tötete man vor einigen Jahren noch Obdachlose, so dienen diese jetzt Neonazis als Mittel um gegen Geflüchtete Stimmung zu machen. Schließlich müsse man sich ja zuerst um Deutsche kümmern, so die gängige Argumentation in diesen Kreisen.
Ob die „Benefiz-Aktion“ „Der Bodensatz“ vom „1%“-Rocker Lars Petersen für Obdachlose in Oldenburg am 15. Januar diesen Jahres auch in diese Kategorie fällt, bleibt fraglich.
Bildquelle: Facebookgruppe „Der Bodensatz!“
Anders als bei den meisten Neonazi-Aktionen in diesem Bereich werden im Kontext dieser Aktion Geflüchtete nicht gegen Odachlose in Stellung gebracht. Auch wird darauf geachtet, dass die Aktion nicht als PR für Rocker-Gruppen genutzt werden soll. So findet sich auf der öffentliche Facebook – Seite der Gruppe die Ansage:
„Mc’ler sind willkommen, bei unseren Aktionen gilt jedoch „ohne Kutte“. Wir arbeiten mit keinem MC zusammen, deren Unterstützung beschränkt sich auf Spendenaufrufe und Spenden sowie Werbung für uns.“
Heißt konkret: Rocker sind willkommen, dürfen nur nicht als solche erkennbar sein.
Weiter im Text heißt es sogar:
„Wir unterstützen alle Obdachlosen, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Wer hier Politik macht, fliegt raus!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!“
Jedoch erscheinen die Verlautbarungen auf Petersens Blog „Bikes, Music and more“ durchaus problematisch. Obdachlose als „Bodensatz“ zu betiteln ist nicht nur beleidigend, sondern der Begriff ist unter anderem durch die Nationalsozialist*innen vorbelastet. Darauf wurde Petersen auch aufmerksam gemacht, aber der Verweis auf die Vorbelastung des Begriffs stellt für Petersen offenbar kein Problem dar. Seiner Definition nach sind Obdachlose Folgendes:
„Ich dachte an den Bodensatz in der Kaffeetasse, das was nicht genießbar ist = Obdachlose in unerer Gesellschaft.“
Ob es nun unbedingt angemessen ist, Obdachlose als „nicht genießbar“ zu bezeichnen, sei mal dahin gestellt.
Screenshot von der Website „Bikes, Music and more“
Darüber hinaus ist der Delmenhorster ein großer Fan der Neonazi-Marke „Thor Steinar“. Der Rocker führte sogar für seinen Blog ein Interview mit einem Vertreter der Neonazimarke durch. In diesem durfte sich Thor Steinar als Opfer von „Gleichschaltung“ und „Systemedien“ präsentieren. Ein Duktus wie man ihn vorwiegend von Neonazi-Seiten von NPD bishin zu Kameradschaften findet.
Lars Petersen im „Thor Steinar“-Pullover
Bildquelle: Website „Bikes, Music and more“
Bildquelle: Facebookgruppe „Der Bodensatz!“
Auch finanziell gibt es vermutlich eine Verbindung von Petersen zu Thor Steinar. So schaltet die Marke Werbeanzeigen auf der Rocker-Seite.
Werbung für die Neonazi-Marke „Thor Steinar“ in Petersens Online-Magazin
Bildquelle: Website „Bikes, Music and more“
Aber auch für die Aktion in Oldenburg gibt es eine Zusammenarbeit mit Thor Steinar. So sollen Spenden seitens des Neonazi-Labels an Obdachlose verteilt werden. Wenn auch mit entferntem Markenlabel.
Bildquelle: Facebookgruppe „Der Bodensatz!“
Auch war Petersen bei der Neonazi-Hooligan-Demo „HoGeSa“ („Hooligans gegen Salafisten“) in Köln zugegen. Vor Ort war er nach eigenen Angaben, um sich gegen Salafismus zu positionieren. Er fand auch z.T. kritische Worte zu den rassistischen und neonazistischen Exzessen vor Ort. Trotzdem ließ er es sich nach den Erfahrungen von Köln nicht nehmen, zur zweiten „HoGeSa“-Demo nach Hannover zu fahren.
Lars Petersen bei der „HoGeSa“-Demonstration in Köln am 26.Oktober 2014
Bildquelle: Website „Bikes, Music and more“
Einblicke in die Gedankenwelt des „Patrioten, der auch mal gegen den Wind pisst“: Auslassungen zur Neonaziband „Kategorie C“, von der er sich mehr politische Statements erhoffte; zur scheinbar gelenkten Presse und zu vermeintlichen Samthandschuhen, mit denen Geflüchtete von der Polizei in den Augen Petersens angefasst werden
Bildquelle: Website „Bikes, Music and more“
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Stattfinden soll die nun geplante„Benefiz-Aktion“ des „Bodensatzes“ in Oldenburg in den Räumlickeiten des „ Club 33“. Aufgefallen ist diese Örtlichkeit unter anderem in Zusammenhang mit der ersten OLGIDA-Kundgebung, als sich auf dem Dach der alten Hauptpost, wo sich die Räumlichkeiten der „33er“ befinden, mehrer neonazistische Hooligans sammelten.
Fazit
Natürlich ist es grundsätzlich zu unterstützen, wenn Menschen sich für Obdachlose und andere an den Rand der Gesellschaft gedrängte Personen einsetzen. Gerade die Situation in Oldenburg mit sehr knappem Wohnraumangebot, sehr teureren Mieten und nur wenig sozialem Wohnungsbau stellt sich als extrem problematisch dar. Daher ist es ausdrücklich zu begrüßen, wenn sich Menschen für die Abgehängten eines auf Zahlungsfähigkeit und nicht Bedarf ausgerichteten kapitalistischen Wohnungsmarktes einsetzen wollen.
Jedoch sollte ganz genau geschaut werden, wer Hilfe anbietet und warum.