Am 26. August gingen ca. 300 Menschen in Oldenburg auf die Straße, um der Wut gegen die deutschen Zustände Ausdruck zu verleihen.
Ausschlaggebender Anlass für die spontane Demonstration waren die rassistischen Ausschreitungen im sächsischen Heidenau der letzten Tagen. Auch wenn rassistische Angriffe und Aktivitäten in den letzten Monaten auffallend zugenommen haben, so kann Heidenau als weiterer Höhepunkt der Eskalation dafür gesehen werden, dass die Rassist*innen in Deutschland motiviert für ihre Ideen und letztendlich Taten sind.
In den letzten Tagen häuften sich die Meldungen über Brandanschläge und Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte oder Personen, die von Rassist*innen als „nicht-deutsch“ erkannt werden.
Im Laufe der Demonstration fanden sich mehrfach außenstehende Bürger*innen ein, die sich in die Demo einreihten, aufmerksam die Redebeiträge verfolgten und ihren Zuspruch zu der Aktion gaben.
Im Folgenden einer der Redebeiträge:
Dem deutschen Mob entgegentreten oder warum wir auf Deutschland kotzen!
Wenn wir aktuell die Nachrichten lesen, könnten wir kotzen! Nein, wir kotzen schon. Eigentlich auch schon ziemlich lange. Doch diesmal so richtig heftig und mies. Im Strahl und mit großen Stücken aus der Nase.
Und dabei am liebsten auf Heidenau in Sachsen. Oder Tröglitz in Sachsen. Oder Freital in Sachsen. Oder Leipzig in Sachsen. Also eigentlich auf ganz Sachsen. Aber auch auf Nauen in Brandenburg, Heidelberg oder Weissach im Tal in Baden Würtemberg, Parchim in Mecklenburg Vorpommern und Reinikendorf in Berlin. Also doch nicht nur auf Sachsen.
Okay, einigen wir uns darauf, dass wir auf ganz Deutschland kotzen.Seit Tagen, Wochen und Monaten häufen sich die Meldungen über verschiedenste rassistisch motivierte Aktivitäten und Angriffe. Ziel werden dabei immer häufiger Asylsuchende und bereits bestehende oder sich in Planung befindende Unterkünfte.
In Heidenau wird seit Tagen immer wieder ein umfunktionierter Baumarkt, der als Unterkunft für Geflohene dienen soll, von Rassist_innen angegriffen und die 93 bereits dort wohnenden Asylsuchenden bedroht. Diese gruseligen Szenen spielen sich bereits seit Freitag dem 21.08.2015 dort ab.
Was der Bürgermeister Heidenaus dazu denkt: „[…] seine Stadt sei „kein Nazinest“. […] Doch gebe es bei vielen große Vorurteile und den Wunsch nach einer Stadt nur mit „Blonden und Blauäugigen.“
Zwar kann man dem Bürgermeister zu Gute halten, dass er sich als einer der Wenigen sofort gegen die Angriffe auf die Unterkunft der Geflohenen gestellt hat, ein tiefer gehendes politisches Verständnis der gesellschaftlichen Verhältnisse attestiert ihm dies aber noch lange nicht.Wir sind schockiert und entsetzt, aber leider überhaupt nicht überrascht. Rassistische Überzeugungen und vermeintliches Wissen über die Anderen existieren nicht erst seit Pegida oder seit Rostock Lichtenhagen. Sie sind tief verwurzelt in der deutschen Identität, wenn auch nicht im Selbstbild der Deutschen. Zwar bevorzugen immerhin noch eine Mehrheit der Deutschen sich dem rassistischem Mob nicht anzuschließen und Geflüchtetenunterkünfte anzuzünden, schließlich ist so etwas nicht gut für das Image eines geläuterten Deutschlands und dessen Vormachtstellung in Europa. Da äußert mensch sein Ressentiment lieber in der Zustimmung zu einer Abschiebungs- und Abschottungspolitik, die dazu führt, dass die Geflüchteten ganz ohne Zutun des hässlichen deutschen Mobs und ohne Aufsehen bereits vor ihrer Ankunft an den europäischen Außengrenzen ertrinken. Dieser Politik liegen jedoch die selben rassistischen Bilder und Phantasien zu Grunde wie sie der Mob in Heidenau und anderswo vertritt. Zum Beispiel die biologistischen und kulturalistischen Vorstellungen, dass Geflüchtete nicht „hier her gehören“.
Diese Aussage versucht sich durch einen vermeintlich einfach vorzufindenden und einleuchtenden Kontext eines Rassismusvorwurfes zu verwehren, dadurch, dass Geflüchtete als von Natur und Kultur aus anders gesehen werden.
Diese rassistischen Bilder und Vorstellungen werden gehegt und gepflegt wie der vorzeigbarste deutsche Vorgarten. Der braune Jägerzaun aus völkischer Ideologie steht stabil und trotzt den Witterungen der offenen Gesellschaft.Es war zu erwarten, denn rassistische Angriffe waren kontinuierlich zu dokumentieren, nicht nur in den 90ern, und dass sich eine Situation wie in Heidenau anbahnte, zeigen die Vorfälle von Freital, Schneeberg, Hofheim, Tröglitz, Nauen, Weissach im Tal, Schönebeck, Berlin oder Hamburg.
Oft ist dabei die Rede von so genannten Rechtsextremen am Rand der Gesellschaft oder wie Sigmar Gabriel bei seinem Besuch in Heidenau sagte: „Das ist Pack …“ „Das sind Leute, die mit Deutschland nichts zu tun haben.“ oder auch: „In Wahrheit sind es die undeutschesten Typen, die ich mir vorstellen kann.“
Eine seltsame Aussage, wenn mensch bedenkt, dass Rassismus kein ausschließlich „extrem rechtes“ Phänomen ist, sondern die Grundlage dafür in der angeblichen Mitte der Gesellschaft liegt.
Wir wollen auf keinen Fall negieren, dass sich dort ein rassistischer Mob zusammenrottet und Nazi-Strukturen schon lange in und um Heidenau existent sind. So gab es beispielsweise bereits im September 1999 einen Angriff mit Feuerwerkskörpern auf eine Asylsuchenden-Unterkunft durch die sich selbst als „Sturmtrupp Heidenau“ betitelte Kameradschaft. Diesem rassistischen Mob und seinen Symphatisant_innen, die die Geflüchtete und ihre Unterstützer_innen angreifen und bedrohen, gilt es sich entgegenzustellen, ob in Heidenau, Oldenburg oder sonstwo.Allerdings sind es die gesellschaftlichen Verhältnisse, die diese hervorbringen. Und es sind und bleiben Deutsche Verhältnisse. Daher heißt es für uns auch weiterhin: Deutschland kaputt hauen!
Die Fotos können mit Quellenangabe (antifa.elf Oldenburg) frei verwendet werden. Falls die Bilder in höherer Auflösung benötigt werden, kann dies per Mail erfragt werden. Über eine Rückmeldung, wenn Bilder verwendet werden, freuen wir uns.