„Expertenwissen“ vom Ex- „Reichsumweltminister“

Die Oldenburger Verschwörungsszene rund um die Veranstalter_innen und Teilnehmer_innen der Oldenburger „Friedensmahnwache“ drängt immer mehr an die Öffentlichkeit. Eine Infoveranstaltung fand bereits statt – eine andere folgt am Samstag, 20.September in Oldenburg – mit einem „prominenten“ Redner.


Rund 50 Personen besuchten am letzten Mittwoch einen verschwörungsideologischen Vortrag in Oldenburg

Rund 50 Personen besuchten am Mittwoch, 10.September eine verschwörungsideologische Infoveranstaltung mit dem wirren Thema „Kinder-Ritualmord-Anklagen gegen Schwarzen Papst (Jesuiten-General) und Weißen Papst“ (Titel im Original).
Unter mysteriösen Umständen sagte der Referent Kevin Annett kurz zuvor seine Teilnahme ab: Er fühlte sich von der „Ndrangheta (Mafia)“ bedroht und von der „englischen Krone“ verfolgt. Dennoch machte sich eine beträchtliche Anzahl Besucher_innen auf den Weg an den Oldenburger Stadtrand in den Stadtteil Krusenbusch. Schwerpunktmäßig rekrutierten sich die Zuhörer_innen aus dem Spektrum der Oldenburger „Friedensmahnwache“. Diese kamen jedoch nicht nur aus Oldenburg, sondern auch aus den Landkreisen Cloppenburg, Osnabrück, Bremen und dem Emsland.


Seriös: Hinweise zur Anreise zum „Vorag“

Organisator und Mitveranstalter dieser Zusammenkunft war der sogenannte „Reichsbürger“ und Verschwörungsideologe Werner Altnickel, seines Zeichens ehemaliger „Reichsumweltminister“ aus Oldenburg. Altnickel gilt als einer der Köpfe der lokalen „Montagsmahnwache“.

Die Mahnwache und Altnickels Theorien: Das Lachen bleibt einem im Halse stecken

Jeden Montag gibt es auf dem Oldenburger Rathausmarkt neben naiven, oberflächlichen Friedensbekundungen auch krude Verschwörungstheorien rund um die „mysteriösen weltbeherrschenden Eliten“, die im Hintergrund die Fäden ziehen, zu hören. Auch andere antisemitische, antizionistische und antiamerikanische Verschwörungstheorien stoßen auf den „Mahnwachen“ auf durchweg positive Resonanz. So wird unter anderem die antisemitische Terrororganisation Hamas und ihr versuchter Vernichtungskrieg gegen Israel verharmlost. Im Namen der Oldenburger „Friedensbewegung“ werden die Hamas-Raketen auf Israel auch schon mal als „Silvesterraketen“ verklärt.

Der ehemalige „Reichsumweltminister“ Werner Altnickel mischt bei diesen Theorien kräftig mit. Er referierte bereits über die US-amerikanische Forschungseinrichtung „HAARP“, die er als „Erdbebenmaschine“ bezeichnete. Diese sei angeblich eingesetzt worden, um die nukleare Katastrophe in Tschernobyl auszulösen.
Doch Altnickel wäre nicht Reichsumweltminister der „Exilregierung Republik Freies Deutschland“ geworden, wenn er nicht scheinbare Kompetenzen in dem Themengebiet „Umwelt“ hätte. Seine Kernkompetenz: Die sogenannten „Chemtrails“. Gemeint sind Kondensstreifen von Flugzeugen, welchen angeblich im Geheimen wetterbeeinflussende Chemikalien beigemischt werden würden. Schuldig: Natürlich die amerikanische Regierung und mysteriöse „Eliten“, die angeblich im Hintergrund die Fäden ziehen.

Warum Verschwörungstheorien gefährlich sind

Wissenschaftlich sind diese kruden „Theorien“ natürlich nicht haltbar und auf den ersten Blick klingen sie reichlich absurd. Doch das Ganze birgt viele Gefahren: Zum einen hängen viele Menschen diesen Theorien tatsächlich an, zum anderen sind diese in der Regel durch und durch antisemitisch, antizionistisch und antiamerikanisch.
Bei den „Chemtrails“ stehen stets die altbekannten „amerikanischen Eliten“ im Fokus, die scheinbar im Hintergrund agieren würden. Als Beispiel für solche konstruierten Eliten taucht unter anderem immer wieder die jüdische Familie Rothschild auf. Ihr wird durch die erdachte Kontrolle über große Teile der weltweiten Finanzen großer Einfluss auf das Weltgeschehen und auch das Steuern von Kriegen vorgeworfen. Letztlich steckt in den Augen der Verschwörer_innen immer eine kleine Elite von jüdischen und/oder amerikanischen Menschen hinter allen Übeln der Welt.
Natürlich wird eine derart plumpe und falsche Darstellung dem komplexen Weltgeschehen in keiner Weise gerecht. Fundierte Analysen des kapitalistischen Systems und komplexer weltpolitischer Ereignisse finden während der „Friedensmahnwachen“ nicht statt.

Werner macht Kasse


Werner Altnickel spricht auf einer „Friedensmahnwache“ in Oldenburg

Nachdem Altnickel also mit seinen kruden Theorien bei den „Mahnwachen“ auf fruchtbaren Boden stieß, versucht er nun offenbar, auch finanziell Kapital aus seinem Erfolg bei der „Friedensbewegung“ zu schlagen.
Stattliche 10 Euro Eintritt kostete der oben genannte Vortrag ohne Referenten. Doch das reicht dem ehemaligen Greenpeace-Aktivisten offenbar nicht. In einer zweiten Veranstaltung, die am Samstag, 20.September um 16.00 Uhr auf dem „Hof Rolf Stolle“, Tweelbäker Tredde 169 in Oldenburg-Krusenbusch stattfinden soll, möchte Altnickel höchstpersönlich über seine Lieblingsverschwörungstheorien berichten: „Geo-Engeneering“, „Chemtrails“, „HAARP“. Der besagte Vortrag soll anscheinend als Informations- und Vorbereitungsveranstaltung zu dem sogenannten „Global March against Chemtrails and Geoenigeering“ am 27. September in Berlin dienen.
Obwohl Altnickel sowohl auf den Oldenburger Mahnwachen als auch bei einer bundesweiten Mahnwache in Berlin ausführlich und kostenlos von seinen Thesen berichtete, bietet er sein „Wissen“ nun auch nochmal in Vortragsform an – Für 5 Euro Eintritt pro Person. Was mit dem Geld geschehen soll, bleibt indes offen.

Ob es angesichts der kruden antisemitischen und antiamerikanischen Äußerungen Altnickels zu antifaschistischen Protesten während der Veranstaltung kommen wird, bleibt abzuwarten.

Nachtrag: Natürlich können wir uns im Rahmen dieses Artikels inhaltlich nur knapp mit den Verschwörungstheorien auseinandersetzen. Für ausführliche Analysen empfehlen wir den Blog
beuteltiger_inherzrasen.

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