Der Wahlkampf zur Landtagswahl 2013 naht und obwohl der Landesverband der NPD-Niedersachsen tief zerstritten und organisatorisch am Boden ist, ist auch in diesem Jahr wieder mit einem aktiven Wahlkampf der Oldenburger NPD zu rechnen. Im folgenden Artikel möchten wir einen Überblick über die momentan aktiven Neonazistrukturen und ihre Aktivitäten geben. Unser Schwerpunkt liegt dabei auf der politisch agierenden neofaschistischen Szene, mit der wir im Wahlkampf rechnen.
Schön ist das nicht: Die NPD Oldenburg
Die NPD-Oldenburg fällt vor allem durch Propagandaaktionen auf. Regelmäßig versucht sie, durch hastig auf- und abgebaute Informationsstände öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen. Dabei bleiben die Neonazis meist nur wenige Minuten an einem Ort, ehe sie den Stand schnell abbauen und per Auto den nächsten Supermarktparkplatz oder Straßenrand anfahren.
Ansonsten beschränkt sich der lokale Unterbezirk auf die Pflege seiner Internetpräsenz, interne Ausflüge und Feiern sowie die Durchführung der monatlich stattfindenden internen Stammtische, die bei Ulrich Eigenfeld in der Tannenstraße abgehalten werden. Hier werden Aktionen geplant und der Stand der Dinge besprochen. Sporadisch werden auch Referent_innen aus anderen Regionen eingeladen, zuletzt war beispielsweise die NPD-Aktivistin Ricarda Riefling in Oldenburg zu Gast.
NPD-Infostand mit Eckhard Aden, Ulrich Eigenfeld und Erik Bruhn (v.l.)
Im Juli 2012 machte die NPD mit ihrer „Deutschlandfahrt“ Station in Oldenburg. Diese vom Bundesvorstand organisierte Veranstaltung hatte zum Konzept, dass Neonazis mit einem beschrifteten LKW, dem sogenannten „Flaggschiff“ durch die Gegend fahren und täglich mindestens zwei Kleinstkundgebungen in verschiedenen Städten abhalten. In Oldenburg fanden sich schließlich 11 Neonazis auf dem Julius Mosen-Platz ein, um in der rund einstündigen Veranstaltung verkürzte Kapitalismuskritik, Rassismus und Antisemitismus zu propagieren. Die Unterstützung aus der lokalen Neonaziszene fiel äußerst überschaubar aus: Neben Ulrich Eigenfeld, der als Redner auftrat, nahmen ganze zwei Neonazis aus Oldenburg-Kreyenbrück und Hude an der Kundgebung teil. Eine Handvoll wahrscheinlicher NPD-Sympathisant_innen beobachtete das Treiben aus der Distanz.
NPD-„Deutschlandfahrt“ in Oldenburg
Geringe Beteiligung der lokalen Neonaziszene
Große mediale Aufmerksamkeit erlangte ein Farbanschlag auf den jüdischen Friedhof in Oldenburg-Osternburg, der vermutlich von Oldenburger NPD-Mitgliedern begangen wurde. Bei später durchgeführten Hausdurchsuchungen wurde die Polizei in 6 Wohnungen bei 5 Neonazis vorstellig. 4 dieser 5 Beschuldigten sind NPD-Mitglieder. Bei den Durchsuchungen, die in den Landkreisen Oldenburg, Ammerland und Oldenburg-Stadt stattfanden, wurden unter anderem Sturmhauben, Teleskopschlagstöcke, Pfefferspray und Messer gefunden.
Darüber hinaus waren auch Mitglieder des NPD-Unterbezirks Oldenburg an einem gewalttätigen Übergriff auf einen Passanten in der Kaiserstraße beteiligt.
Auch in Nordenham (Landkreis Wesermarsch) machte die lokale Neonaziszene nicht nur durch Infostände auf sich aufmerksam. Im März 2012 wurde öffentlich, dass ein Kirchenmusiker sexuellen Missbrauch an Kindern begangen hat. Daraufhin machte sich eine Gruppe von Neonazis aus Oldenburg und Umgebung auf den Weg zum Haus des Täters, zerstörte Außeneinrichtungsgegenstände und versuchte, in das Haus einzudringen. Begleitet wurde diese Aktion von äußerst blutrünstigen Grafiken, die die Neonazis in die Internetplattform Facebook einstellten. Mit Sturmhaube vermummt und mit Axt posiert beispielsweise ein Neonazi aus Hude mit dem abgetrennten Kopf des Sexualstraftäters. Angestiftet wurde die Gruppe, die teilweise aus NPD-Mitgliedern besteht, vom NPD-Unterbezirk Oldenburg, der auf seinem Facebookprofil mehrmals die Todesstrafe für Sexualstraftäter forderte.
Klares Statement vom Huder NPD-Aktivisten Lyzian Bankmann
Protagonist_innen
Der NPD-Unterbezirk Oldenburg wird derzeit von Ulrich Eigenfeld geführt. Der 65jährige ist bereits seit 33 Jahren Mitglied der NPD und übte hauptamtlich diverse Posten auf Bundesebene aus. Zuvor war er bei der deutschen Bahn angestellt, die ihn 1986 wegen einer Kandidatur für die NPD entließ. Zuletzt verlor er wegen interner Streitigkeiten seine Posten als Bundesschatzmeister und als Vorsitzender des Landesverbandes der NPD-Niedersachsen. Nun kann sich der bemüht bieder und bürgernah auftretende Eigenfeld voll auf seine kommunalpolitische Arbeit im Oldenburger Stadtrat konzentrieren.
Eigenfelds Stellvertreter im Unterbezirk ist der vorherige Vorsitzende: Eckhard Aden aus dem Oldenburger Stadtteil Ofenerdiek. Aden engagiert sich seit vielen Jahren in der NPD, organisiert Aktionen und ist nahezu an allen öffentlichen Auftritten der Partei in Oldenburg beteiligt. Ambitionen, sich auf höherer Ebene in die NPD einzubringen, hegte Eckhard Aden jedoch nie.
In der Öffentlichkeit eher zurückhaltend gibt sich Stephan Möller aus Metjendorf (Wiefelstede, Landkreis Ammerland). Er beteiligt sich kaum an öffentlichen Aktionen, unterstützt keine Infostände, Aufmärsche oder Aktionen. Ihm ist es wichtig, öffentlich nicht als NPD-Aktivist wahrgenommen zu werden. Dennoch ist er als aktiver Wahlkampfhelfer, Delegierter auf Parteitagen und Schatzmeister ein wichtiger Teil des Unterbezirks.
Landesparteitag der niedersächsischen NPD 2011 in Northeim: v.l.: Ulrich Eigenfeld, Waldemar Heitkamp, Wilhelm Sudmann, Stephan Möller
Seit 2006 ist Daniel Gawenda aus Osternburg aktives Mitglied der lokalen NPD. Der heute 22jährige versuchte sich bereits in der Organisierung einer Gruppierung namens „Nationale Jugend Oldenburg“ und eines NPD-„Ortsbereichs“ in Oldenburg.
Naziaufmarsch in Bad Nenndorf im August 2011: v.l. Robin Sudbrink, Erik Bruhn, unbekannt, Lyzian Bankmann (oben), Daniel Gawenda (unten)
Auch altgediente Kader finden sich in den Reihen der Oldenburger Nazipartei wieder. Bernd und Bärbel Neumann blicken auf eine langjährige Karriere innerhalb der NPD zurück. Jahrelang war das Anwesen der Neumanns in Osternburg Schauplatz von Sommer- und Grillfesten der lokalen Neonaziszene.
Michael Meyer war bereits Vorsitzender des Unterbezirks und ist jahrelanger Aktivist für die NPD. Bekanntheit erlangte er, als er im Jahre 2006 Antifaschist_innen am Rande eines NPD-Infostandes mit einer zwei Meter langen Holzlatte attackieren wollte.
Mit Wilhelm Sudmann engagiert sich außerdem ein langjähriges NPD-Mitglied aus Ehrenburg (Landkreis Diepholz) in dem Oldenburger Unterbezirk. Sudmann ist seit Jahrzehnten Funktionär in der neonazistischen NPD. Im Februar 2010 stellte er sein Grundstück für eine Gründungsfeier des JN-Stützpunktes Osnabrück/Osnabrücker Land zur Verfügung. Die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), offiziell
Jugendorganisation der NPD, verstehen sich als elitäre Kaderorganisation mit straffer nationalsozialistischer Ausrichtung.
Schwerpunkt Hude
In Hude, ca. 25km von Oldenburg entfernt, kommt es regelmäßig zu Sprühereinen mit neonazistischem Inhalt, ebenso tauchen dort oft Plakate und Aufkleber mit rassistischen Botschaften auf. Dies passiert natürlich nicht zufällig. In Hude wohnen die treibenden Kräfte der lokalen aktionsorientierten Neonaziszene, die sich die Optik und die Aktionsformen der sogenannten „Autonomen Nationalisten“ aneignet.
Trotzdem sind die 3 Huder Nazis regelmäßig bei NPD-Veranstaltungen zu sehen und sind aktiver Teil des Unterbezirks.
Die Huder Robin Sudbrink und Erik Bruhn, die zu den aktivsten Neonazis in der Region gezählt werden können, orientierten sich zu Beginn ihrer nationalsozialistischen Laufbahn zunächst in Richtung Wilhelmshaven und schlossen sich der militanten „Anti Antifa Aktionsgruppe“ um den Brandstifter Christian Schneeweiß an. Dieser wurde inhaftiert, nachdem er einen Brandanschlag auf eine Moschee in Sittensen (Kreis Rotenburg/Wümme) verübte. Die“Anti-Antifa-Aktionsgruppe“ Wilhelmshaven versuchte, durch massive Einschüchterung und körperliche Gewalt Zonen der Angst für alle zu errichten, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen. Nachdem Christian Schneeweiß nach mehreren Suizidversuchen, bei denen er teilweise mit einer Waffe drohte, in psychiatrische Behandlung eingewiesen wurde, schlossen sich Robin Sudbrink und Erik Bruhn den Oldenburger Nazistrukturen an.
Erik Bruhn und Robin Sudbrink sind bei nahezu allen Aktionen der Oldenburger Naziszene anzutreffen. Hierbei unterstützen sie hauptsächlich die NPD. Dies führt unter anderem dazu, dass Erik Bruhn auch schon mal für einene Propagandafotos den interessierten Passanten am NPD-Infostand spielt. Bruhn und Sudbrink beteiligen sich auch regelmäßig an überregionalen Aktionen der Neonaziszene, vor allem, wenn ein hohes Maß an Militanz und Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner erwartet werden, so z.B. beim Aufmarsch „Tag der deutschen Zukunft“ im Juni 2012 in Hamburg, bei dem sich die Oldenburger Neonazis militant gebärdeten.
„Tag der deutschen Zukunft“ 2012 in Hamburg: v.l. Erik Bruhn, Jens Malte Hillers (Wilhelmshaven), Thorsten Lange (Oldenburg), Robin Sudbrink…
…in Aktion
Ebenfalls aus Hude stammt Lyzian Bankmann. Der junge Neonazi organisierte sich bereits im Jahr 2009 bei den Delmenhorster „Jungen Nationaldemokraten“ (JN), die in Delmenhorst besonders durch den Schulterschluss mit den militanten „autonomen Nationalisten“ auffiel. Bankmann gilt als impulsiv und waffen-affin. Er war es auch, der die blutrünstigen Fotos mit den Mordfantasien an dem Sexualstraftäter aus Nordenham erstellte und veröffentlichte. Im Internet kursieren mehrere Fotos, auf denen Bankmann vermummt mit Waffen posiert.
Nordenham und Brake
In der Kleinstadt Nordenham (Kreis Wesermarsch) hat sich ebenfalls ein kleiner Kreis von NPD-Unterstützer_innen zusammengefunden. So war beispielsweise der Braker Neonazi Kevin Sinzingr, der ursprünglich aus Nordenham kommt, an den gewaltsamen Aktionen gegen den Sexualstraftäter beteiligt. Zusammen mit Luisa Hoffmann und weiteren Neonazis aus der Wesermarsch unterstützt er den NPD-Unterbezirk Oldenburg.
Naziaufmarsch am 1.Mai 2012 in Neumünster: In der Bildmitte Kevin Sinzingr aus Brake, rechts im Bild Robin Sudbrink aus Hude
1.Mai 2012 Neumünster: links im Bild: Luisa Hoffmann, rechts Erik Bruhn
Die Rolle der deutschen Bahn
Auffällig ist der kritiklose Umgang der deutschen Bahn mit der aktiven Oldenburger Neonaziszene. So nutzt die NPD bereits seit mehreren Monaten Mietfahrzeuge der DB für ihre Infostände. Außerdem ist der militante Neonazi Lyzian Bankmann als DB-Security am Oldenburger Bahnhof beschäftigt. Angesichts der waffen-affinen und aggresiven Haltung des Huders erscheint es zumindest bedenklich, ihn mit der securitytypischen Aussatttung (Pfefferspray, Schlagstock) auszustatten.
NPD-Infostand mit Leihwagen der deutschen Bahn
Inhalte
Inhaltlich wird der NPD-Wahlkampf wahrscheinlich an die aktuellen Kampagnen der NPD-Bundespartei anknüpfen. Derzeit wird vor allem eine Kampage gegen den Euro und die EU gefahren. Dem „wurzellosen Kapitalismus“ innerhalb der EU wird dabei ein nationaler Protektionismus entgegengebracht. Ein wirtschaftlich abgeschotteter, totalitärer Nationalstaat mit regionaler Wirtschaft wird hier „dem Kapitalismus“ entgegengestellt. Ein Ansatz, der den Kapitalismus im Kern weder versteht noch abschaffen möchte. Weder Eigentumsverhältnisse, noch Produktionsbedingungen werden thematisiert. Es geht der NPD lediglich um eine nationale Marktwirtschaft. Fundierte Kapitalismuskritik wird seitens der Neonazis nicht betrieben. Vielmehr ist die vermeintliche Kritik am Kapitalismus ein Mittel, um durch verkürzte, personalisierte Schuldzuweisungen an das „jüdische Kapital an der amerikanischen Ostküste“ Antisemitismus zu propagieren.
In der Anti-Euro-Kampagne tat sich die NPD in Oldenburg bereits hervor, indem sie mit Eselsmaske und einem Plakat (siehe Bild) Flyer verteilte. Eine Aktionsform, die bereits in den Siebziger-Jahren von Neonazis genutzt wurde, um die Shoah, den millionenfachen Massenmord an mehr als 6 Millionen Jüd_innen, zu leugnen.
Darüber hinaus wird die NPD, wie sollte es anders sein, auf Rassismus als Wahlkampfthema setzen. Im September veröffentlichte die Oldenburger Nazipartei auf ihren Internetauftritten Fotos von Orten vermeintlicher „Überfremdung“, unter anderem Bilder von türkischen Supermärkten, einer Moschee und der interkulturellen Beratungsstelle IBIS. Auch das Zentrum der yezidischen Gemeinde machte die Oldenburger NPD als Ort der „Islamisierung“ aus. Dumm nur, dass die yezidische Religion keine islamische Religion ist. Folglich bemerkte die Yezidische Jugend in ihrem Statement trocken: „Als Yeziden können wir keinen Beitrag zur Islamisierung leisten“. Obwohl dieser Irrtum der NPD als peinlich eingeschätzt werden darf, ist die Gefahr solcher Veröffentlichungen nicht von der Hand zu weisen. Mehrmals kam es am Gebäude der yezidischen Gemeinde zu Schmierereien mit rassistischen und neonazistischen Inhalten. Die Bilderserie, die die NPD nun veröffentlichte, könnte faktisch als Liste potentieller Anschlagsziele dienen.
Ausblick
Es ist trotz des desolaten Zustands des NPD-Landesverbandes mit einem aktiven Wahlkampf der NPD-Oldenburg zu rechnen. Neben dem Oldenburger Stadtgebiet hat die neofaschistische Partei angekündigt, auch in Nordenham aktiv zu werden. Es ist mit Plakaten, Postwurfsendungen und vielen Infoständen zu rechnen. Es ist an uns allen, den Wahlkampf der NPD zu stören, zu sabotieren und zu verhindern.
Zur Rolle der Bahn:
Die hausinterne Autovermietung der DB ist nur für Mitarbeiter der DB nutzbar, nicht aber für Kunden. Sie stellt nur die Fahrzeuge für die interne Personallogistik, ähnlich dem BW-Fuhrparkservice. Um die Auslastung der Fahrzeuge zu steigern können Mitarbeiter der DB diese teilweise auch für private Fahrten anmieten. Insofern wird die DB nicht unbedingt wissen, wofür ihr Fahrzeug da eingesetzt wird.
Grundsätzlich ist es für jeden Dienstleister schwierig sich gegen Aufträge von NPD-Mitgliedern zu wehren. Man will es eigentlich nicht, aber oftmals hat man einfach keine rechtliche Grundlage um den Auftrag abzulehnen.
Danke, schöner Artikel.